Freeski Tirol – Reini Scherer
Bei meinen Recherchen über das Steilwandskifahren bin ich schnell auf Reini Scherer gestoßen. Nachdem ein regelmäßiger Telefonaustausch zustande gekommen war habe ich ihn auch ein paar Mal besucht. Er sprach auch von seinem Vorhaben ein Buch über die steilen Abfahrten in der Mieminger Kette zu schreiben. Sogar ein erstes Manuskript bekam ich zu sehen. Eine ganze Weile unterhielten wir uns über die am besten zu verwendende Schwierigkeitsskala. Da jetzt, Ende März Anfang April, die Bedingungen für solche interessanten Abfahrten häufiger passen hier die Rezension.
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Zum Autor
Reini Scherer ist in der Österreicher Kletterszene eine bekannte Größe. Weltmeistertitel en Masse, Nationaltrainer des Kletterteams, Leiter des Tivoli Kletterzentrums, Erstbegehungen bis in den 11. Grad … und das ist nur ein kleiner Ausschnitt. In den letzten Jahren hat er sich etwas vom Sportklettern gelöst und ist stärker in den Alpinismus eingetaucht – insbesondere mit Ski an den Füßen. Ein ausführliches Portrait über Reini gibts später.
Überblick:
407 Seiten, 130 Abfahrten (ohne Varianten), ein Seil gehört immer in den Rucksack. Damit könnte man schon ganz gut beschreiben, um was für ein Kaliber es sich hier handelt. „Leichte“ Touren, die unter 40° steil sind haben in diesem Führer Seltenheitswert. Doch damit nicht genug, Reini schreibt über Sicherheit, über die Geschichte, macht sich Gedanken zum Steilwandskifahren, gibt Materialtipps, hat auch den Naturschutz im Kopf und eine Liste mit den in Tirol dokumentierten Abfahrten gibt es auch noch.
Aufbau:
Gewicht: 559 g
Länge x Breite x Höhe: 18,5 x 12 x 2,2 cm
Seiten: 407
Material: gepresste und verklebte Cellulose mit Lackierung
Steifigkeit: Nudel
Saison: 1. Auflage 2012
Preis: 29,80 €
Das Buch beginnt mit einer Reihe von, aus meiner Sicht, sinnvollen Einführungen. Es wird erst mal erklärt, um was es eigentlich geht, dass es eben kein normaler Skitourenführer ist. Besonderes Augenmerk liegt auch auf der Bewertung und hier hat Reini als einer der wenigen Autoren der Ostalpen auf die langbewährte Volo-Skala zurück gegriffen. Diese Bewertungsskala eignet sich besonders für schwere und sehr schwere Touren – also Touren, bei denen jede andere Skala versagt. Gerade in dem Bereich wird es aber so wichtig zu differenzieren. Jeder Kletterer weiß wovon die Rede ist: Eine 7er Route schafft man noch ganz gut, bei 7+ geht aber nix mehr oder nur an ganz guten Tagen.
Im Anschluss an die Einführungen kommen satte 340 Seiten voll mit Touren. Als Abschluss gibt es dann noch eine von Reini recherchierte Zusammenfassung von dokumentierten Skiabfahrten in Tirol.
Inhalte:
Wenn die Knie schon beim Lesen schlottern oder man bei der Betrachtung von Bildern einzig die Frage „Wo ist der Typ da runter????“ hat, dann hat man es eindeutig mit einem Buch übers Steilwandskifahren der heftigsten Art zu tun. In Gesprächen sagte mir Reini, dass sein Anspruch der war, jede nur mögliche Abfahrtslinie in den Mieminger Bergen in das Buch aufzunehmen.
Es hat ca. 5 Jahre gedauert alles zu fahren. Ja genau: Fahren – denn jeden Höhenmeter ist er selbst rauf und wieder runter. Durch dieses enorme Engagement ist aber ein äußerst detailreicher Führer entstanden, der mit wertvollem Inhalt geradezu überladen ist. Die trockene, pointierte Stilform hilft die alpinen Leistungen ins rechte Licht zu rücken. Außerdem merkt man daran, dass hier jemand schreibt, der sich auch wirklich auskennt.
Es gibt den lustigen Trend bei Bergbüchern einfach möglichst viele Touren rein zu packen. Egal ob man die selbst als Autor gemacht hat oder nicht. Führt dann zu tollen Erlebnissen, wie ich mal eines hatte und das mit einem Verhauer endete, dessen Schimpfworttirade nicht ins Internet gehört.
So etwas passiert hier nicht. Jedenfalls nicht, so lange man sich an Reinis Worte hält. Die Touren sind durchgängig ausgezeichnet beschrieben. Abseilstellen, Kletterpassagen (sic), Gegenanstiege und was nicht noch alles sind immer gut vermerkt. Selbst Varianten tauchen auf.
Eine Besonderheit ist auch, dass Reini einige der Abfahrten als Erstabfahrten geschafft hat. Das hat auch zur Folge, dass der gute Mann häufiger mit seiner Wunderwaffe, einer Bosch Uneo, unterwegs war und ist. Diesem Umstand ist es denn auch zu verdanken, dass immer sehr exakt beschrieben ist wo sich die Bohrhakenlaschen verstecken. Jeder, der schon mal nach so einer ******* Abseilstelle gesucht hat wird dies zu schätzen wissen.
Angereichert wird das Buch durch die ein oder andere Annekdote. Das hilft sehr, um die ganze Sache auch für nicht ganz so versierte Aspiranten etwas greifbarer zu halten. Es wird daraus schnell klar: Alles kann, nichts muss – und es bedarf immer sehr viel Aufwand, bis es geht. Die Planung und Vorbereitung ist das A und O.
Viel mehr möchte ich hier jetzt auch gar nicht vorgreifen, denn um was für ein Schwergewicht es sich hier handelt, kann man wohl schon aus den paar Zeilen hier herausinterpretieren.
Region:
Nun, der Titel sagt es ja schon: Die Mieminger Berge. Das heißt also irgendwo zwischen dem Inntal und dem Wettersteinmassiv. Von München und Innsbruck in kürzester Zeit zu erreichen. Den ein oder anderen Abstecher auf benachbarte Berge gibts obendrauf.
Hier die Liste:
Simmering
Grünberg
Grünstein
Wank
Griesspitze
Hochplattig
Hohe Wand
Hohe Munde
Karkopf
Breitenkopf
Mitterspitze
Igelkopf
Tajakopf
Ehrwalder Sonnenspitze
Wampeter Schrofen
Handschig
Hochwannig
Zugspitze
Fazit:
Geilomat. Das ist der Stoff, von dem wir hier bei uns noch viel mehr brauchen! In anderen Regionen der Alpen, insbesondere rund um Chamonix, ist ja quasi schon jeder befahrbare Schneefleck mal irgendwo beschrieben worden (und trotzdem gibt es laufend Erstbefahrungen). Aber bei uns, da hat so etwas eindeutig gefehlt. Die Mahner, dass aufgrund solcher Tourenführer viel mehr passiert und die Bergwacht ständig auf Rettungseinsätzen unterwegs sein würden, wurden übrigens widerlegt. Offensichtlich kann jeder Aspirant solcher Lines schon ganz gut abschätzen was er wann und wo meistern kann.
Empfehlung
Kaufbefehl! Selbst wenn die meisten gar nicht in der Lage sind alles in dem Buch zu meistern, bringt einen das Büchlein mächtig zum träumen und sollte daher in keinem Bücherregal fehlen.
Hier holen:
Freeski Tirol: Skibergsteigen in der Mieminger Kette